EZB senkt Leitzinsen: Einlagefazilität reduziert sich von 3,25 % auf 3,00 %

Am heutigen Donnerstag, den 12. Dezember 2024, hat die Europäische Zentralbank (EZB) eine erneute Senkung der Leitzinsen beschlossen. Dies ist bereits die vierte Zinssenkung in diesem Jahr und ein klarer Hinweis auf den weiterhin expansiven geldpolitischen Kurs der EZB. Ziel ist es, die Konjunktur im Euroraum zu stützen und den Auswirkungen einer abkühlenden Inflation entgegenzuwirken.

Ab dem 18. Dezember 2024 gelten folgende neue Leitzinssätze:

  • Einlagefazilität: 3,00 % (bisher 3,25 %)
  • Hauptrefinanzierungssatz: 3,15 % (bisher 3,40 %)
  • Spitzenrefinanzierungssatz: 3,40 % (bisher 3,65 %)

Die nächste EZB-Sitzung findet am 30. Januar 2025 statt. Ob die Zentralbank ihre Zinspolitik fortsetzt und die Zinsen weiter senkt, ist ungewiss.

Hintergrund der Zinspolitik

Die EZB befindet sich seit Juni 2024 in einer Phase deutlicher Zinssenkungen, nachdem die Leitzinsen in den Vorjahren schrittweise erhöht wurden, um die hohe Inflation einzudämmen. Im Juni 2024 erreichten die Leitzinsen mit 4,50 % ihren Höchststand. Seither folgte eine sukzessive Senkung, die den Hauptrefinanzierungssatz bis Dezember 2024 auf 3,15 % reduziert hat.

Diese Kehrtwende spiegelt die Bemühungen der EZB wider, die wirtschaftliche Abkühlung im Euroraum zu bremsen und gleichzeitig auf die nachlassende Inflation zu reagieren. Der aktuelle geldpolitische Kurs zeigt, wie flexibel die EZB auf veränderte wirtschaftliche Bedingungen eingeht, um eine Balance zwischen Preisstabilität und Wirtschaftswachstum zu erreichen.

Auswirkungen auf Sparzinsen

Für Sparer:innen ist die Zinssenkung wenig erfreulich. Sinkende Leitzinsen bedeuten in der Regel, dass Banken niedrigere Zinsen auf Sparguthaben anbieten. Besonders betroffen sind:

  • Geldmarktfonds: Die Renditen solcher Fonds, die stark an die Einlagefazilität gekoppelt sind, werden ebenfalls sinken. Der „XTRACKERS II EUR OVERNIGHT RATE SWAP ETF“ (ISIN: LU0290358497) beispielsweise wird voraussichtlich eine niedrigere jährliche Rendite erzielen, da der Referenzzins (€STR) ebenfalls reduziert wird.
  • Sparprodukte: Bereits in den vergangenen Wochen haben Banken ihre Sparzinsen mehrfach gesenkt. Laut Daten von Sparzinsen.at wurden allein im November 2024 Zinssätze bei 167 Produkten reduziert – ein Rekordwert.

Banken wie Trade Republic und WillBe, die Zinsanpassungen traditionell schnell umsetzen, dürften die neue Senkung kurzfristig an ihre Kund:innen weitergeben. Für täglich fällige Einlagen werden die Zinsen im Inland oft deutlich unter 2 % bleiben, während die Top-Angebote im Ausland um die 3 % p.a. rangieren.

Vorteile für Kreditnehmer:innen

Die Zinssenkungen der EZB zeigen erste positive Effekte für Kreditnehmer:innen:

  • Konsumkredite: Daten der Österreichischen Nationalbank (OeNB) zeigen seit August 2024 einen deutlichen Rückgang der Zinssätze bei Verbraucherkrediten. Banken haben begonnen, die günstigeren Refinanzierungskosten an ihre Kund:innen weiterzugeben.
  • Immobilienkredite: Auch bei Baufinanzierungen und Hypothekendarlehen sind erste Rückgänge zu verzeichnen. Dies könnte mittelfristig zu einer höheren Nachfrage nach Krediten führen und die Bauwirtschaft stützen.

Besonders Konsument:innen mit variablen Zinssätzen profitieren direkt von den Anpassungen.

Auswirkungen auf den Aktienmarkt

Während sinkende Zinsen für Sparer:innen wenig erfreulich sind, profitieren die Börsen davon. Niedrigere Finanzierungskosten und die Aussicht auf eine länger anhaltende expansive Geldpolitik haben die Aktienmärkte belebt:

  • Europa: Die Indizes zeigten 2024 eine moderate Erholung, wobei die Entwicklung jedoch hinter der Performance der US-Börsen zurückblieb.
  • USA: Der Nasdaq Composite stieg im laufenden Jahr um über 30 %, unterstützt durch zwei Zinssenkungen der Federal Reserve. Diese entlasteten Unternehmen und trieben die Investitionen voran.

Auch 2025 dürfte die lockere Zinspolitik ein Treiber für die Kapitalmärkte bleiben, insbesondere in einem Umfeld niedriger Inflationsraten.

Konjunktur- und Inflationsentwicklung

Trotz sinkender Inflation bleibt die wirtschaftliche Lage im Euroraum angespannt:

  • Inflation: Die Teuerungsrate lag im November 2024 bei 2,3 %, was auf rückläufige Energiepreise zurückzuführen ist. Dienstleistungen sowie Lebensmittel, Alkohol und Tabak sind jedoch weiterhin wesentliche Preistreiber.
  • Wirtschaftswachstum: Für 2024 wird ein mageres Wachstum von 0,8 % prognostiziert. In Österreich ist die Situation besonders kritisch: Die Wirtschaft schrumpfte 2024 um voraussichtlich 0,7 %, begleitet von einer steigenden Arbeitslosenquote von 7,1 %.

Die Wirtschaft befindet sich weiterhin in einer schwierigen Phase, die von Rezessionsängsten und strukturellen Herausforderungen geprägt ist.

Fazit

Mit der vierten Zinssenkung innerhalb eines Jahres versucht die EZB, die Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche Stabilisierung im Euroraum zu schaffen. Die Senkung des Einlagensatzes auf 3,00 % signalisiert klar, dass die Zentralbank gewillt ist, die Finanzierungskosten weiter zu senken und die Kreditvergabe anzukurbeln.

Für Sparer:innen bedeutet dies jedoch weiterhin negative Realrenditen, insbesondere bei kurzfristigen Anlagen wie Tagesgeld oder Geldmarktfonds. Kreditnehmer:innen profitieren hingegen von günstigeren Konditionen bei Konsum- und Immobilienkrediten.

Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt, und die nächsten Schritte der EZB, insbesondere bei der Sitzung im Januar 2025, sind von großer Bedeutung. Es ist wahrscheinlich, dass die Zinspolitik im neuen Jahr flexibel bleibt, um auf die komplexen Herausforderungen von Inflation und Rezession angemessen zu reagieren. Für Anleger:innen und Sparer:innen bleibt es essenziell, ihre Strategien anzupassen, um die Auswirkungen der Zinssenkungen optimal zu nutzen.

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